Portrait: Jalal Hosseini Attar
Portrait: Jalal Hosseini Attar

Portrait: Jalal Hosseini Attar

Von Zeit zu Zeit stellen wir hier Personen aus der iranischen Schachwelt vor, die wir auf unseren Reisen treffen werden. Heute: Jalal Hosseini Attar, Schachtrainer aus Maschhad, Mitinhaber des Farhang Chess Club und Kurator des Schachprogramms von Schachreisen Iran.

Hallo Jalal, schön, dass du dir Zeit nimmst für uns. Erzähl bitte kurz, wer du bist und was dich mit dem Schachspiel verbindet.

Ich heiße Seyed Jalal Hosseini Attar, bin 34 Jahre alt, in Maschhad im Nordostiran geboren und aufgewachsen, und arbeite hier als Schachtrainer.

Wie bist du zum Schach gekommen?

Mein Bruder Jamal, der sieben Jahre älter ist als ich, ist ein starker Schachspieler. Als ich acht war, da hatte er mir die Regeln schon beigebracht; und als ich zehn-elf Jahre alt war und meine ersten Turniere spielte, hatte er schon Titel in der Region und landesweit gewonnen. Er hat dann beschlossen, einen Beruf daraus zu machen, und eine Schachschule gegründet, die erste bei uns in Maschhad.

Damals habe ich das Schachspielen erst einmal wieder aufgegeben, mich auf die Schule konzentriert und meinen Bachelor als Softwareingenieur gemacht. Anschließend war ich einige Jahre in der Gastronomie tätig. 2016 ist Jamal dann auf mich zugekommen und hat gefragt, ob ich mir vorstellen könne, in seiner Schachschule als Trainer anzufangen.

Das ging nach langer Pause sicher nicht mal eben so!?

Das stimmt. Als Spieler, würde ich sagen, hatte ich ein durchschnittliches Niveau, aber um Trainer zu werden, brauchte es viel Vorbereitung. Ich habe dann über Monate hart trainiert und gelernt – teilweise zehn Stunden am Tag – und habe schließlich die ersten Schüler und Schülerinnen übernommen.

Das war zuerst Einstiegstraining, aber ich bin dann gemeinsam mit meinen Schützlingen Schritt für Schritt weitergegangen; nach zwei Jahren haben die ersten meiner Schüler eine Elo-Zahl errungen. So ist dann das Trainer-Dasein nach und nach zu meinem Hauptberuf geworden.

Wen trainierst du?

Bei uns in der Schachschule sind die meisten Kinder zwischen sieben und zehn Jahren alt, danach kommt die Gruppe der Zehn- bis Fünfzehnjährigen und dann die ganz Kleinen U7. Vereinzelt trainiere ich auch Erwachsene: Eine meiner Schülerinnen ist Ü60, eine andere Ü30 und ich habe einen Schüler aus Deutschland, der ebenfalls Mitte 30 ist.

Außerdem bin ich seit einiger Zeit an einer Grundschule tätig, wo ich die Klassen eins bis sechs unterrichte.

Wie viele Schachschülerinnen und -schüler betreust du?

An der Schule sind das insgesamt 350 Schüler! Verteilt auf Klassen zu höchstens 25 Kindern. Bei uns in der Schachschule betreue ich etwa 40 Kinder, davon 30 im Mannschafts- und 10 im Einzeltraining.

Insgesamt haben wir bei uns in der Schachschule mehr als 100 Anmeldungen und wir arbeiten in einem Team aus sieben Schachtrainerinnen und -trainern.

Was ist dir wichtig bei der Arbeit mit den Kindern?

Wir Schachtrainer wollen ja meist gute Spielerinnen und Spieler ausbilden, auf die wir und die Eltern stolz sein können. Mir geht es aber in erster Linie um etwas ganz anderes. Vor allem in den Schulklassen ist es mir wichtig, den Kindern Grundlegendes mitzugeben.

Ich frage immer zuerst: Was ist euch wichtig? Was erwartet ihr vom Schachunterricht? Und dann sagen die Kinder meist: Wir wollen Schach spielen und gewinnen. Ich antworte dann immer: Was im Schachtraining noch wichtiger ist, das ist die Rücksicht auf andere, dass ihr euch meldet, dass ihr nett zueinander seid, nicht reinredet und die anderen unterbrecht. Ich will den Kindern den Sinn des Schweigens, der Konzentration und des Zuhörens vermitteln, denn ich weiß ganz genau: Wer nicht zuhört, der lernt auch nicht.

Wenn sie dann bereit sind, nehmen wir natürlich auch die Grundlagen durch; aber immer in niedrigem Tempo. Ich will keine Meister ausbilden, sondern Kinder, die später die Fähigkeit haben, sich weiterzuentwickeln.

Und? Funktioniert das?

Das weiß ich nicht genau, aber ich denke, ich fahre damit nicht schlecht. Die Kinder waren bislang immer sehr zufrieden, und die Eltern und die Schulleitung auch. Ich glaube, es gelingt mir, eine Atmosphäre zu schaffen, in der das Lernen möglich ist. Man muss dazu die Sprache der Kinder sprechen, spontan sein, Witze machen; dann können sie einem folgen.

Und im Ergebnis haben sich nach sechs Monaten Arbeit an der Schule von 350 Schülern schon 30 bei uns in der Schachschule angemeldet und wollen weiterlernen.

Eindrücke aus der Schach-AG an einer Grundschule in Maschhad
Was sind deine Pläne für die Zukunft?

Ich habe mir drei Ziele gesetzt: Erstens will ich ein besserer Trainer werden, dafür gibt es Übungen und Bücher, die ich bearbeite. Zweitens will ich ein besserer Spieler werden. Dafür verzichte ich auf Bullet- und Blitzpartien im Internet und versuche, mir mehr Zeit für längere Partien und die Analyse zu nehmen. Und drittens will ich an meinem Englisch arbeiten, damit ich demnächst auch Schülerinnen und Schüler aus anderen Ländern unterrichten kann.

Vielen Dank für das Gespräch.


Jalal Hosseini Attar und Schachreisen Iran

Auf unserer Schachreise Iran Herbst 2022 wird Jalal uns auf einem Teil der Route begleiten. Er hält für uns die Kontakte zu den Schachvereinen und -verbänden. Und gerne gibt er Einblicke in seine Arbeit als Schachtrainer sowie in das Leben in Iran allgemein. Wir freuen uns bereits sehr auf ihn.

Wenn wir Ihr Interesse geweckt haben, dann informieren Sie sich hier über das Programm unserer Reise. Oder buchen Sie gleich eine kostenlose Online-Präsentation (auch für mehrere Personen), bei der wir Ihnen die Reiseroute und die Idee dahinter vorstellen.

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